Georg Rohde

Dieser Artikel befasst sich mit dem Altphilologen Georg Rohde. Zum Glasmaler siehe Georg Karl Rohde.

Georg Rohde (* 23. Dezember 1899 in Berlin; † 21. Oktober 1960 ebenda) war ein deutscher Altphilologe.

Rohde stammte aus einfachen Verhältnissen, sein Vater war Straßenbahnschaffner in Berlin, die Familie katholisch. Nur unter Entbehrungen konnte Rohde – der von den Eltern für den Priesterberuf bestimmt war – das renommierte Gymnasium zum Grauen Kloster in Berlin besuchen, wo seine Liebe zur Antike und zu den klassischen Sprachen geweckt wurde.

Rohde studierte Klassische Philologie in Berlin und in Marburg, während des Studiums arbeitete er als Werkstudent. Über seinen Freund Friedrich Wolters, Professor in Marburg, war Rohde mit der Dichtung Stefan Georges in Berührung gekommen, gehörte aber nie zum engeren George-Kreis.[1] Seine Dissertation über Vergil im Jahr 1924 wurde überaus günstig beurteilt, nach der Promotion blieb Rohde in Marburg, zuerst als Assistent am Philologischen Seminar, später als Leiter der Vorbereitungskurse für das große und kleine Latinum. Die Habilitation über Die Kultsatzungen der römischen Pontifices folgte 1931.[2] 1932 wurde ihm die Wahrnehmung des Lehrstuhls seines Lehrers Paul Friedländer übertragen.

Das Jahr 1933 bedeutete eine Wende in Rohdes Leben: Eine weitere akademische Karriere wurde ihm in Deutschland unmöglich gemacht, weil seine Frau Irmgard Rohde (1898–1979), eine Tochter von Siegfried Kalischer, Jüdin war. Ihm wurde nahegelegt, die Scheidung zu erwirken – ein Weg, der für den überzeugten Katholiken nicht gangbar war. Im November 1933 gehörte er zu den Unterzeichnern des Bekenntnisses der Professoren an den deutschen Universitäten und Hochschulen zu Adolf Hitler und dem nationalsozialistischen Staat. 1935 erhielt Rohde auf Empfehlung des Philologen Eduard Norden einen Ruf nach Ankara, wo er an der im Aufbau befindlichen Universität ein Institut für Klassische Philologie und die dazugehörige Bibliothek gründete. Außerdem widmete sich Rohde in Ankara einer intensiven Übersetzungsarbeit; gemeinsam mit seiner Schülerin Azra Erhat gab er die bis heute sehr beliebte Literaturreihe Dünya Edebiyatından Tercümeler (Übersetzungen aus der Literaturwelt) heraus, in der die meisten griechischen Philosophen erstmals in türkischer Sprache erschienen. Im türkischen Exil schloss Rohde enge Freundschaft mit Ernst Reuter (SPD), dem späteren Regierenden Bürgermeister von Berlin.

Auf Veranlassung Reuters wurde Rohde 1949 als erster Klassischer Philologe an die neu gegründete Freie Universität Berlin berufen, an der er bis zu seinem Tode tätig war. Im Universitätsjahr 1952/53 wurde er zum Rektor der FU gewählt, 1954/1955 zum Prorektor.

Werke

  • De Vergili eclogarum forma et indole. Ebering, Berlin 1925 (Dissertation).
  • Das Leben des heiligen Porphyrios, Bischofs von Gaza. Bard, Berlin 1927.
  • Die Bedeutung der Tempelgründungen im Staatsleben der Römer. Elwert, Marburg 1932.
  • Die Kultsatzungen der Römischen Ponitifices. Töpelmann, Berlin 1936.
  • mit Walther G. Oschilewski, Arno Scholz: Ernst Reuter. Ein Leben für Freiheit und Menschlichkeit. Arani, Berlin-Grunewald 1954.
  • Studien und Interpretationen zur antiken Literatur Religion und Geschichte. Hrsg. von Irmgard Rohde und Bernhard Kytzler. De Gruyter, Berlin 1963.

Literatur

  • Inge Auerbach: Catalogus professorum academiae Marburgensis. Zweiter Band: 1910 bis 1971, Marburg 1979, S. 595.
  • Paul Moraux, Nachruf auf Georg Rohde. In: Gnomon 33, 1961, S. 109–111.
  • Bernhard Kytzler: Georg Rohde (1899–1960). In: Eikasmós 4, 1993, S. 311–316 (@1@2Vorlage:Toter Link/www2.classics.unibo.itonline (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2016. Suche in Webarchiven)).
  • Gerhard Radke: Gedenkschrift für Georg Rohde, Niemeyer, Tübingen 1961 (Inhaltsverzeichnis (Memento vom 25. März 2016 im Internet Archive)).
  • Eckart Mensching: Texte zur Berliner Philologie-Geschichte V. Zu Ed. Nordens letzten Jahren in Briefen an G. Rohde (1899-1960). In: Eckart Mensching, Nugae zur Philologie-Geschichte II, TU-Publikationen, Berlin 1989, S. 5–16.
  • Reiner Möckelmann: Wartesaal Ankara. Ernst Reuter – Exil und Rückkehr nach Berlin, BWV, Berlin 2013.
  • Literatur von und über Georg Rohde im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
  • Rohde, Georg Julius Hans. Hessische Biografie. (Stand: 29. Oktober 2020). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  • Kurzbiographie
  • Kurzbiographie und Bibliographie (ital.)
  • Utz Maas, Georg Rohde, in: Verfolgung und Auswanderung deutschsprachiger Sprachforscher 1933-1945
  • Nachlass in der Bayerischen Staatsbibliothek

Anmerkungen

  1. Die Freundschaft mit Wolters bemerkt Michael Landmann, Friedrich Wolters. 1876–1930, in: Michael Landmann, Figuren um George, Band 2, Castrum Peregrini Presse, Amsterdam 1988, S. 23–36, hier S. 28f.
  2. Einen Eindruck von Rohde als Lehrer in der Marburger Zeit vermittelt Helmut Viebrock, Meine Marburger Lehrzeit bei Georg und Irmgard Rohde, in: Hans-Joachim Zimmermann (Hrsg.), Die Wirkung Stefan Georges auf die Wissenschaft. Ein Symposium, Carl Winter Universitätsverlag, Heidelberg 1985, S. 105–108.
Inhaber der Lehrstühle für Klassische Philologie an der Freien Universität Berlin

Erster Lehrstuhl (seit 1989 Latinistik): Georg Rohde (1949–1960) | Franco Munari (1961–1987) | Widu-Wolfgang Ehlers (1989–2008) | Therese Fuhrer (2008–2013) | Melanie Möller (seit 2015)

Zweiter Lehrstuhl (seit 1987 Gräzistik): Uvo Hölscher (1954–1962) | Rudolf Kassel (1963–1975) | Paul Moraux (1975–1984) | Bernd Seidensticker (1987–2007) | Gyburg Uhlmann (2007–2023)

Dritter Lehrstuhl: Kurt von Fritz (1954–1958) | Hans Schwabl (1960–1968) | Josef Delz (1968–1970)

Normdaten (Person): GND: 116597275 (lobid, OGND, AKS) | LCCN: no2010029606 | VIAF: 59839624 | Wikipedia-Personensuche
Personendaten
NAME Rohde, Georg
ALTERNATIVNAMEN Rohde, Georg Julius Hans
KURZBESCHREIBUNG deutscher Altphilologe
GEBURTSDATUM 23. Dezember 1899
GEBURTSORT Berlin
STERBEDATUM 21. Oktober 1960
STERBEORT Berlin