Hillel Furstenberg

Hillel Furstenberg (2020)

Hillel Furstenberg, im Deutschen häufig Fürstenberg geschrieben, hebräisch הלל פורסטנברג, ursprünglich Harry Fürstenberg (* 29. September 1935 in Berlin), ist ein israelischer Mathematiker, der sich mit Wahrscheinlichkeitstheorie, Ergodentheorie, topologischer Dynamik und Zahlentheorie beschäftigt. Am 18. März 2020 wurde ihm der Abel-Preis, eine der höchsten internationalen Auszeichnungen auf dem Gebiet der Mathematik, verliehen.

Leben

Furstenberg wurde 1935 unter dem Namen Harry Fürstenberg in Berlin in eine deutsch-jüdische Familie geboren. Seiner Familie gelang 1939, wenige Monate vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges die Emigration aus dem nationalsozialistischen Deutschland in die Vereinigten Staaten. Nach der Emigration änderte er seinen Namen in Hillel Furstenberg.

Sein Vater starb auf der Reise und Hillel wurde von seiner Mutter und seiner älteren Schwester in einer jüdisch-orthodoxen Gemeinde in New York City erzogen. Er studierte an der Yeshiva University in New York, wo er 1955 den Grad eines B.A. und eines M.S. erreichte. Schon während seines Studiums veröffentlichte er mathematische Arbeiten in angesehenen Fachzeitschriften. 1958 wurde er bei Salomon Bochner an der Princeton University promoviert (Prediction Theory). 1959 war er Moore-Instructor am Massachusetts Institute of Technology. Danach war er an der University of Minnesota, bevor er 1965 Professor an der Hebrew University in Jerusalem wurde. 1964 erhielt er ein Forschungsstipendium der Alfred P. Sloan Foundation (Sloan Research Fellowship).[1]

Zu seinen Doktoranden zählen Alexander Lubotzky, Vitaly Bergelson und Yuval Peres.

Werk

Hillel Furstenberg in Jerusalem (1975)
Hillel Furstenberg in Berkeley (1992)

Furstenberg wandte Methoden der Wahrscheinlichkeitstheorie und Ergodentheorie in der Zahlentheorie und der Theorie der Lie-Gruppen an. 1955 gab er mit topologischen Methoden einen neuen Beweis für die Unendlichkeit der Primzahlen. Bewiesen wurde das zwar schon von Euklid, wichtig waren jedoch die verwendeten Methoden. 1977 gab er einen neuen, ergodentheoretischen Beweis des Satzes von Szemerédi über arithmetische Progressionen in Teilmengen positiver Dichte der natürlichen Zahlen, 1972 bewies er die eindeutige Ergodizität von Flüssen längs Horozyklen auf kompakten hyperbolischen Riemann’schen Flächen. Ergodizität für geodätische Flüsse auf kompakten Mannigfaltigkeiten negativer Krümmung wurde schon in den Arbeiten von Gustav Hedlund und Eberhard Hopf Ende der 1930er-Jahre bewiesen, diese sind aber nicht eindeutig ergodisch. Furstenberg ist auch für seinen Struktursatz für minimale, distale Flüsse in der topologischen Dynamik bekannt. Er lieferte frühe fundamentale Arbeiten über Zufallsmatrizen (deren asymptotisches Verhalten er mit Struktursätzen über die zugrundeliegenden Lie-Gruppen in Zusammenhang setzte) und studierte stochastische Prozesse in homogenen Räumen und das asymptotische Verhalten von Random Walks auf Gruppen.

Ehrungen und Mitgliedschaften

1993 erhielt er den Israel-Preis sowie den Harvey Prize des Technion in Haifa. 2007 erhielt er den Wolf-Preis in Mathematik (mit Stephen Smale) und 2020 den Abelpreis (mit Grigori Alexandrowitsch Margulis). Er ist Mitglied der israelischen Akademie der Wissenschaften, der National Academy of Sciences der USA und der American Academy of Arts and Sciences.

2010 hielt er einen Plenarvortrag auf dem Internationalen Mathematikerkongress (ICM) in Hyderabad (Ergodic structures and non conventional ergodic theorems), 1990 war er Invited Speaker auf dem ICM in Kyōto (Recurrent ergodic structures and Ramsey theory), 1962 in Stockholm (A Poisson formula for semi-simple Lie groups) und 1970 auf dem ICM in Nizza (Boundaries of Lie groups and discrete subgroups).

Privates

Furstenberg heiratete 1958 seine Frau Rochelle, eine auf Kunst und Kultur spezialisierte Magazin-Schriftstellerin. Mit ihr hat er fünf Kinder.[1]

Schriften (Auswahl)

  • On the infinitude of primes. In: American Mathematical Monthly. Band 62, Nr. 5, 1955, S. 353, doi:10.2307/2307043, JSTOR:2307043.
  • Ergodic behavior of diagonal measures and a theorem of Szemerédi on arithmetic progressions. In: Journal d’Analyse Mathématique. Band 31, 1977, S. 204–256. doi:10.1007/BF02813304
  • Recurrence in Ergodic Theory and Combinatorial Number Theory. Princeton University Press, Princeton NJ 1981, ISBN 0-691-08269-3.

Siehe auch

Commons: Hillel Fürstenberg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • John J. O’Connor, Edmund F. RobertsonHillel Furstenberg. In: MacTutor History of Mathematics archive (englisch).
  • Harry (Hillel) Furstenberg beim Mathematics Genealogy Project
  • Wolf Foundation Prize in Mathematics 2007 awarded to HU Prof. Harry Furstenberg (Memento vom 22. Januar 2008 im Internet Archive) – The Hebrew University of Jerusalem zur Verleihung des Wolf-Preises, 16. Januar 2007 (englisch; mit Bild)
  • Furstenberg and Smale receive 2006–2007 Wolf prize (PDF-Datei, 133 kB), Notices of the AMS 54, Mai 2007, S. 631–632 (englisch; mit Bild)
  • Abelpreis an Hillel Fürstenberg und Grigori Margulis, DMV-Blog 2020
  • Hillel Furstenberg in der Datenbank zbMATH

Einzelnachweise

  1. a b Eine Biographie von Hillel Fürstenberg. (PDF) Abel-Stiftung, abgerufen am 22. März 2020 (deutschsprachige Kurzbiografie). 
Träger des Wolf-Preises in Mathematik

1978: Israel Moissejewitsch Gelfand, Carl Ludwig Siegel | 1979: Jean Leray, André Weil | 1980: Henri Cartan, Andrei Nikolajewitsch Kolmogorow | 1981: Lars Valerian Ahlfors, Oscar Zariski | 1982: Hassler Whitney, Mark Grigorjewitsch Krein | 1983/4: Shiing-Shen Chern, Paul Erdős | 1984/5: Kodaira Kunihiko, Hans Lewy | 1986: Samuel Eilenberg, Atle Selberg | 1987: Itō Kiyoshi, Peter Lax | 1988: Friedrich Hirzebruch, Lars Hörmander | 1989: Alberto Calderón, John Willard Milnor | 1990: Ennio De Giorgi, Ilja Pjatetskij-Shapiro | 1991: Nicht vergeben | 1992: Lennart Carleson, John Griggs Thompson | 1993: Michail Leonidowitsch Gromow, Jacques Tits | 1994/5: Jürgen Moser | 1995/6: Robert Langlands, Andrew Wiles | 1996/7: Joseph B. Keller, Jakow Grigorjewitsch Sinai | 1998: Nicht vergeben | 1999: László Lovász, Elias Stein | 2000: Raoul Bott, Jean-Pierre Serre | 2001: Wladimir Igorewitsch Arnold, Saharon Shelah | 2002/3: Mikio Satō, John T. Tate | 2004: Nicht vergeben | 2005: Grigori Alexandrowitsch Margulis, Sergei Petrowitsch Nowikow | 2006/7: Stephen Smale, Hillel Furstenberg | 2008: Pierre Deligne, Phillip Griffiths, David Bryant Mumford | 2009: Nicht vergeben | 2010: Shing-Tung Yau, Dennis Sullivan | 2011: Nicht vergeben | 2012: Michael Aschbacher, Luis Caffarelli | 2013: George Mostow, Michael Artin | 2014: Peter Sarnak | 2015: James Arthur | 2016: Nicht vergeben | 2017: Richard Schoen, Charles Fefferman | 2018: Alexander Beilinson, Vladimir Drinfeld | 2019: Jean-François Le Gall, Gregory F. Lawler | 2020: Simon Donaldson, Jakow Eliaschberg | 2021: Nicht vergeben | 2022: George Lusztig | 2023: Ingrid Daubechies

Normdaten (Person): GND: 1060419742 (lobid, OGND, AKS) | LCCN: n80094393 | VIAF: 33301107 | Wikipedia-Personensuche
Personendaten
NAME Furstenberg, Hillel
ALTERNATIVNAMEN Furstenberg, Harry (englisch); הלל פורסטנברג (hebräisch)
KURZBESCHREIBUNG israelischer Mathematiker
GEBURTSDATUM 29. September 1935
GEBURTSORT Berlin