Rat des Bezirkes

Gebäude des Rates des Bezirkes Halle, ab 1990 Regierungspräsidium Halle, seit 2004 Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt, seit 2017 Wohnanlage
Rat des Bezirkes Neubrandenburg (Januar 1990)

Im Staatsaufbau der Deutschen Demokratischen Republik waren die Räte der Bezirke die Exekutivorgane der jeweiligen Bezirkstage (Legislative) in den 14 Bezirken der DDR. Zudem war der hauptstädtische Magistrat von Berlin als Organ der Stadtverordnetenversammlung von Ost-Berlin einem Rat des Bezirkes gleichgestellt und in seinen Aufgaben, Rechten und Pflichten ebenbürtig.

Die Räte der Bezirke bildeten somit gewissermaßen die mittlere staatliche Verwaltungsebene der DDR, waren allerdings unmittelbares Vollzugsorgan ihres jeweiligen Bezirkstages. Somit ist ein Vergleich mit einem heutigen Regierungspräsidium oder einem Landesverwaltungsamt nur bedingt angebracht.

Grundsätze

Als Kollektivorgan entschied ein Rat des Bezirkes in gesetzlich vorgegebenem Rahmen über die Belange seines Verwaltungsgebietes, des jeweiligen Bezirkes also, soweit diese nicht der ausschließlichen Zuständigkeit seines Legislativorganes (Bezirkstag) oblagen. Er bereitete die Entscheidungen des Bezirkstages vor, indem er in diesen Entscheidungsvorlagen einbrachte.

Gemäß dem in der DDR geltenden zentralistischen Prinzip der doppelten Unterstellung waren die Räte der Bezirke bzw. deren Fachorgane dem Ministerrat der DDR bzw. den jeweiligen Fachministerien gegenüber weisungsgebunden, wie wiederum dem Rat des Bezirkes die Räte der Kreise und die Räte der kreisfreien Städte im Bezirk untergeordnet waren.

Nicht zuletzt wurde die Arbeit eines jeden Rates des Bezirkes (und somit wiederum die des Bezirkstages) sehr wesentlich von der zuständigen Bezirksleitung der SED diktiert.

Aufgaben und Verantwortlichkeiten

Die Aufgaben und die Arbeitsweise der Räte der Bezirke waren zuletzt im Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen von 1985,[1] Kapitel II, §§ 9–12, ihre Verantwortlichkeiten im Kapitel IV, §§ 21–38, geregelt. Sie reichten von den territorialen politischen, sozialen und kulturellen Verwaltungsaufgaben über die Haushalts- und Finanzwirtschaft und wirtschaftslenkende Maßnahmen bis hin zu innenpolitischen Obliegenheiten.

Aufbau

Die Mitglieder des Rates wurden durch den Bezirkstag aus dessen Mitte gewählt. Die Ratsmitglieder (außer dem Vorsitzenden, dessen 1. Stellvertreter und dem Sekretär des Rates) waren zugleich die Leiter der Fachabteilungen des Rates des Bezirkes.

Ratsmitglieder waren in der Regel:

  • der Vorsitzende des Rates des Bezirkes
  • der 1. Stellvertreter des Vorsitzenden
  • der Stellvertreter des Vorsitzenden für Inneres
  • der Stellvertreter des Vorsitzenden und Vorsitzender der Bezirksplankommission,
  • der Stellvertreter des Vorsitzenden für Handel und Versorgung
  • das Mitglied des Rates für bezirksgeleitete Industrie
  • das Mitglied des Rates für Örtliche Versorgungswirtschaft
  • das Mitglied des Rates für Haushalt und Finanzen
  • das Mitglied des Rates für Land-, Forst- und Nahrungsmittelwirtschaft
  • das Mitglied des Rates für die Lebensmittelindustrie und örtliche Versorgungswirtschaft,
  • das Mitglied des Rates für Wohnungswirtschaft
  • das Mitglied des Rates für Verkehrswesen
  • das Mitglied des Rates für Energiewirtschaft
  • das Mitglied des Rates für Umweltschutz und Wasserwirtschaft
  • das Mitglied des Rates für Kultur
  • das Mitglied des Rates für Jugendfragen, Körperkultur und Sport
  • der Bezirksbaudirektor
  • der Bezirksschulrat
  • der Bezirksarzt
  • der Sekretär des Rates

Weiteres

Nachgeordnete Einrichtungen des Rates waren u. a. das Büro für architekturbezogene Kunst, das Büro des Bezirksarchitekten, das Büro für Sozialhygiene, das Bezirkskabinett für Gesundheitserziehung, das Bezirkskabinett für Kulturarbeit, die staatliche Umweltinspektion.[2]

Mit der Einführung des NÖSPL 1964 wurde der Bezirkswirtschaftsrat als eigenes Organ vom Bezirksrat abgelöst. Er war für die Planung und Leitung der bezirksgeleiteten Industrie sämtlicher Eigentumsformen zuständig. Nach dem Prinzip der doppelten Unterstellung war er zugleich auch dem Ministerium für Bezirksgeleitete Industrie und Lebensmittelindustrie unterstellt.

Quellen

  1. Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen in der Deutschen Demokratischen Republik im Gesetzblatt der DDR, Teil I, Nr. 18, 1985, S. 213ff., Online (PDF).
  2. Beschreibung der Strukturen des Bezirkes Dresden, Sächs. Hauptstaatsarchiv
Vorsitzende des Rates des Bezirkes Cottbus

Werner Manneberg (1952–1959) | Heinz Krüger (1959–1962) | Rudolf Müller (kommissarisch, 1962) | Hans Schmidt (1962–1971) | Irma Uschkamp (1971–1989) | Peter Siegesmund (1989–1990)

Vorsitzende des Rates des Bezirkes Dresden

Rudolf Jahn (1952–1958) | Walter Weidauer (1958–1961) | Günther Witteck (1961–1963) | Manfred Scheler (1963–1982) | Günther Witteck (1982–1989) | Wolfgang Sieber (1989–1990) | Michael Kunze (1990)

Vorsitzende des Rates des Bezirkes Erfurt

Willy Gebhardt (1952–1962) | Richard Gothe (1962–1985) | Arthur Swatek (1985–1990) | Horst Lang (1990) kommissarisch

Vorsitzende des Rates des Bezirkes Frankfurt (Oder)

Franz Peplinski (1952–1956) | Günter Springer (1956–1960) | Hans Albrecht (1960–1963) | Harry Mönch (1963–1969) | Siegfried Sommer (1969–1990)

Vorsitzende des Rates des Bezirkes Gera

Lydia Poser (1952–1959) | Albert Wettengel (1959–1965) | Horst Wenzel (1965–1973) | Rudolf Bahmann (1973–1977) | Karl-Heinz Fleischer (1977–1983) | Werner Ullrich (1983–1990) | Helmut Luck (1990)

Vorsitzende des Rates des Bezirkes Halle

Werner Bruschke (1952–1954) | Helmut Becker (1954–1958) | Otto Leopold (1958–1966) | Helmut Klapproth (1966–1984) | Alfred Kolodniak (1984–1990) | Wolfgang Süß (1990)

Vorsitzende des Rates des Bezirkes Karl-Marx-Stadt

Max Müller (1952–1960) | Werner Felfe (1960–1963) | Heinz Arnold (1963–1981) | Lothar Fichtner (1981–1990)

Vorsitzende des Rates des Bezirkes Leipzig

Karl Adolphs (1952–1959) | Erich Grützner (1959–1974) | Rolf Opitz (1974–1989) | Joachim Draber (1989–1990)

Vorsitzende des Rates des Bezirkes Magdeburg

Josef Hegen (1952–1953) | Paul Hentschel (1953–1959) | Kurt Ranke (1960–1985) | Siegfried Grünwald (1985–1990)

Vorsitzende des Rates des Bezirkes Neubrandenburg

Wilhelm Steudte (1952–1953) | Hans Jendretzky (1953–1957) | Horst Brasch (1957–1959) | Kurt Guter (1959–1962) | Lothar Geißler (1962–1967) | Adolf Garling (1967–1972) | Gottfried Sperling (1972–1977) | Heinz Simkowski (1977–1990) | Wolfgang Otto (1990)

Vorsitzende des Rates des Bezirkes Potsdam

Curt Wach (1952–1953) | Josef Stadler (1953–1957) | Herbert Rutschke (1957–1960) | Franz Peplinski (1960–1962) | Herbert Puchert (1962–1971) | Günter Pappenheim (1971–1974) | Werner Eidner (1974–1977) | Herbert Tzschoppe (1977–1990)

Vorsitzende des Rates des Bezirkes Rostock

Erhard Holweger (1952) | Hans Warnke (1952–1959) | Harry Tisch (1959–1961) | Karl Deuscher (1961–1969) | Willy Marlow (1969–1986) | Eberhard Kühl (1986–1989) | Götz Kreuzer (1989–1990)

Vorsitzende des Rates des Bezirkes Schwerin

Wilhelm Bick (1952–1958) | Josef Stadler (1958–1960) | Michael Grieb (1960–1968) | Rudi Fleck (1968–1989)

Vorsitzende des Rates des Bezirkes Suhl

Fritz Sattler (1952–1958) | Wilhelm Behnke (1958–1967) | Arnold Zimmermann (1967–1990) | Helmut Vierling (Mai 1990, amtierend)