Unabhängigkeitsaxiom

Das Unabhängigkeitsaxiom stellt in den Wirtschaftswissenschaften eine zentrale Annahme über das rationale Entscheiden dar. Gemäß dem Unabhängigkeitsaxiom ändert sich die Präferenzordnung über zwei Alternativen A und B nicht, wenn eine dritte Alternative C eingeführt wird. Das Unabhängigkeitsaxiom wird dem Axiomensystem zugeordnet, welches das Bernoulli-Prinzip begründet. Es ist eine wichtige Annahme über das Verhalten eines Bernoulli-rationalen Entscheiders. Nach dem Unabhängigkeitsaxiom ist die Präferenzordnung eines Entscheiders über zwei Alternativen unabhängig davon, ob er diese einzeln oder im Kontext mit anderen Alternativen in einer komplexeren Wahlsituation beurteilt.

Definition

Seien L 1 , L 2 {\displaystyle L_{1},L_{2}} und L 3 {\displaystyle L_{3}} Lotterien im Sinn der Entscheidungstheorie. Das Unabhängigkeitsaxiom besagt, dass eine Präferenzordnung der Lotterien L 1 {\displaystyle L_{1}} und L 2 {\displaystyle L_{2}} (d. h. eine der folgenden Alternativen L 1 L 2 {\displaystyle L_{1}\succ L_{2}} , L 1 L 2 {\displaystyle L_{1}\succsim L_{2}} , L 1 L 2 {\displaystyle L_{1}\sim L_{2}} , L 2 L 1 {\displaystyle L_{2}\succ L_{1}} , L 2 L 1 {\displaystyle L_{2}\succsim L_{1}} gilt), bestehen bleibt, wenn die Lotterien L 1 {\displaystyle L_{1}} und L 2 {\displaystyle L_{2}} auf dieselbe Weise durch eine Wahrscheinlichkeit p ( 0 , 1 ) {\displaystyle p\in (0,1)} mit einer dritten Lotterie L 3 {\displaystyle L_{3}} erweitert werden.[1]

Wenn also zum Beispiel L 1 L 2 {\displaystyle L_{1}\succ L_{2}} gilt, dann muss auch

( L 1 , L 3 ; p , ( 1 p ) ) ( L 2 , L 3 ; p , ( 1 p ) ) für alle  0 < p < 1 {\displaystyle (L_{1},L_{3};p,(1-p))\succ (L_{2},L_{3};p,(1-p))\quad {\text{für alle }}0<p<1}

gelten, wobei ( L , L ; p , ( 1 p ) ) {\displaystyle (L,L';p,(1-p))} eine zusammengesetzte Lotterie bezeichnet, bei der mit der Wahrscheinlichkeit p {\displaystyle p} die Lotterie L {\displaystyle L} und mit der Wahrscheinlichkeit 1 p {\displaystyle 1-p} die Lotterie L {\displaystyle L'} eintritt.

Anmerkung

Eine Lotterie ( L , L ; p , ( 1 p ) ) {\displaystyle (L,L';p,(1-p))} wird auch in der Form p L + ( 1 p ) L {\displaystyle pL+(1-p)L'} notiert, die allerdings missverständlich ist, da die Multiplikation und Addition nur sehr symbolisch verstanden werden dürfen.

Einzelnachweise

  1. Robert Gillenkirch: Unabhängigkeitsaxiom. In: Gabler Wirtschaftslexikon (wirtschaftslexikon.gabler.de). Abgerufen am 29. August 2022.