Der tote Gabriel

Der tote Gabriel ist eine Erzählung des österreichischen Schriftstellers Arthur Schnitzler, die am 19. Mai 1907 in der Wiener Tageszeitung Neue Freie Presse erschien. Sie wurde in die 1912 bei S. Fischer erschienene Novellensammlung Masken und Wunder aufgenommen.[1]

Inhalt

Kurz nach dem Selbstmord des jungen Autors Gabriel begegnet sein Bekannter Ferdinand Neumann auf einem Ball Irene, die in Gabriel verliebt war. Er ist erstaunt über die scheinbare Fröhlichkeit Irenes angesichts des Verlusts. Ferdinand erinnert sich an die zurückliegenden Ereignisse: Er hatte eine Affäre mit der Schauspielerin Wilhelmine Bischof, der Geliebten Gabriels, und sah Gabriel in der Nacht vor seinem Selbstmord unruhig vor Wilhelmines Wohnung auf und ab gehen, in der Ferdinand sich gerade aufhielt. Ferdinands später aufkommende Gewissensbisse verflogen jedoch rasch wieder.

Irene spricht Ferdinand an. Sie glaubt, dass Gabriel sich wegen Wilhelmine umgebracht hat. Ferdinand gesteht, Wilhelmine entfernt zu kennen, woraufhin Irene ihn bittet, sie ihr vorzustellen. Gemeinsam fahren sie zu Wilhelmines Anwesen, wo beide von der Schauspielerin empfangen werden. Während ihrer oberflächlichen Unterhaltung warnt die Gastgeberin wie zum Scherz Irene vor ihrem Begleiter. Bald darauf verabschieden sich Irene und Ferdinand und fahren zurück zum Ball. In der Kutsche küsst Irene ihn überraschend, und er erkennt, dass sie um seine Verstrickung in Gabriels Selbstmord weiß. Beim Aussteigen warnt sie ihn davor, ihr zu folgen.

Einige Tage später erzählt Ferdinand das Geschehene einem Bekannten. In seiner Tasche hat er schon den Fahrschein für eine längere Reise, er wird sein inhaltsloses Leben unbeschadet fortsetzen: „Seit drei Tagen begriff er auch, daß Menschen aus hoffnungsloser Liebe sterben können … andere natürlich … andere.“

Hintergrund

Laut dem Literaturhistoriker Peter Sprengel arbeitete Schnitzler in die Erzählung seine Erfahrungen mit der Schauspielerin Adele Sandrock ein.[2]

Reinhard Urbach hat die Überlappung der Figuren zu Schnitzlers Dramenfragment Das Wort herausgestrichen, s. d.

Verfilmung

  • Der tote Gabriel, Österreich 1968, Regie: Hans-Peter Holasek, mit Wolfgang Hübsch, Erik Frey, Helma Gautier und Erika Pluhar

Ausgaben

  • Arthur Schnitzler: Masken und Wunder. Novellen. S. Fischer Verlag, Berlin 1912. Enthält Die Hirtenflöte, Der Tod des Junggesellen, Der Mörder, Der tote Gabriel, Das Tagebuch der Redegonda und Die dreifache Warnung.
  • Arthur Schnitzler: Leutnant Gustl. Erzählungen 1892–1907. Mit einem Nachwort von Michael Scheffel. S. Fischer, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-10-073552-8

Literatur

  • Peter Sprengel: Geschichte der deutschsprachigen Literatur 1900–1918. C. H. Beck, München 2004, ISBN 3-406-52178-9
  • Erstdruck auf ANNO
  • Der Text bei Zeno.org

Einzelnachweise

  1. Arthur Schnitzler: Leutnant Gustl. Erzählungen 1892–1907. S. Fischer, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-10-073552-8, S. 523.
  2. Peter Sprengel: Geschichte der deutschsprachigen Literatur 1900–1918. C. H. Beck, München 2004, ISBN 3-406-52178-9, S. 237.
Werke von Arthur Schnitzler

Romane
Frau Bertha Garlan | Der Weg ins Freie | Therese. Chronik eines Frauenlebens | Roman-Fragment (Theaterroman)

Erzählungen
Welch eine Melodie | Er wartet auf den vazierenden Gott | Amerika | Erbschaft | Der Fürst ist im Hause | Mein Freund Ypsilon | Der Andere | Reichtum | Die drei Elixire | Die Braut | Sterben | Der Sohn | Die Komödiantinnen | Die kleine Komödie | Spaziergang | Blumen | Später Ruhm | Der Witwer | Der Empfindsame | Der Andere. Aus dem Tagebuch eines Hinterbliebenen | Ein Abschied | Die Frau des Weisen | Der Ehrentag | Die Toten schweigen | Die Nächste | Um eine Stunde | Ein Erfolg | Legende | Lieutenant Gustl | Der blinde Geronimo und sein Bruder | Wohltaten, still und rein gegeben | Andreas Thameyers letzter Brief | Die grüne Krawatte | Boxeraufstand | Die griechische Tänzerin | Die Fremde | Exzentrik | Das Schicksal des Freiherrn von Leisenbohg | Die Weissagung | Abendspaziergang | Das neue Lied | Der Tod des Junggesellen | Der tote Gabriel | Geschichte eines Genies | Das Tagebuch der Redegonda | Der Mörder | Die dreifache Warnung | Die Hirtenflöte | Frau Beate und ihr Sohn | Flucht in die Finsternis | Doktor Gräsler, Badearzt | Der letzte Brief eines Literaten | Ich | Casanovas Heimfahrt | Fräulein Else | Die Frau des Richters | Traumnovelle | Spiel im Morgengrauen | Abenteurernovelle | Der Sekundant

Theaterstücke
Das Abenteuer seines Lebens | Alkandi’s Lied | Das Märchen | Anatol | Die überspannte Person | Halbzwei | Liebelei | Freiwild | Reigen. Zehn Dialoge | Das Vermächtnis | Paracelsus | Der grüne Kakadu | Die Gefährtin | Der Schleier der Beatrice | Sylvesternacht | Lebendige Stunden (Einakterzyklus): Lebendige Stunden, Die Frau mit dem Dolche, Die letzten Masken, Literatur | Der einsame Weg | Der Puppenspieler | Der tapfere Cassian | Zum großen Wurstel | Das Haus Delorme | Zwischenspiel | Der Ruf des Lebens | Komtesse Mizzi oder Der Familientag | Die Verwandlungen des Pierrot | Der tapfere Kassian | Der junge Medardus | Das weite Land | Professor Bernhardi | Komödie der Worte | Fink und Fliederbusch | Die Schwestern oder Casanova in Spa | Der Gang zum Weiher | Komödie der Verführung | Im Spiel der Sommerlüfte | Das Wort | Zug der Schatten | Ritterlichkeit

Aphorismen
Buch der Sprüche und Bedenken | Der Geist im Wort und Der Geist in der Tat

Autobiografisches
Jugend in Wien | Tagebuch | Korrespondenz | Nachlass